[Dienstag, 18. März 2008]
Vergangenes Wochenende war Helly hier. Das war schön! Aber eine längliche
Diskussion am samstäglichen Frühstückstisch war deprimierend. Für Helly ist
gemeinsame polyamore „Praxis“ in ihrem und mutmaßlich auch
Jacques’ gesellschaftlichem Umfeld nach wie vor nicht vorstellbar.
Sie stamme halt nicht aus künstlerischem und/oder unkonventionellem
Umfeld, für sie sei es schwierig bis unmöglich, öffentlich so zu leben.
Ist das so, daß trotz Westeuropa und 21. Jahrhundert alternative Lebensentwürfe
wie Polyamorie vorwiegend lebbar
sind für (lebens-) künstlerisch Befähigte? Von
diversen abgebrochenen Feldversuchen meiner Eltern zu
bürgerlichen Berufs- und Ehe-Existenzen abgesehen bin ich in der
Tat aufgewachsen in künstlerisch-mütterlichem und musikalisch- väterlichem
Umfeld. Versperrt mir das den Blick aufs „Leben“?
Allerdings lebe ich selbst weder bohèmisch noch lebenskünstlerisch.
Daß ich mich als professioneller
„Schreiber“ nicht als Künstler oder Handwerker
sondern als Techniker empfinde, greift, glaube ich, auch hier: Für mich ist
jedwedes Ausbrechen aus Konventionen genau dann legitim,
wenn es subjektiv und objektiv erfolgreich ist. Egal,
wie unkonventionell ich einen Computer, einen Text oder eine Beziehung
aufbaue: Wenn es besser und zuverlässiger funktioniert, voilà!
Und das fällt sicher nicht unter Bohème und/oder Lebenskunst, sondern unter Bourgeoisie pur ;-)