Freie Liebe ist ein komplexes Thema mit einer komplexen Geschichte — von
anderen Problemen abgesehen steckte vor allem echte
Gleichberechtigung in den Sechzigern konzeptuell noch in den Kinderschuhen.
Und das macht einen Unterschied: Denn echte Gleichberechtigung
gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen für polyamore Gemeinsamkeit.
Freie Liebe und Polyamorie sind lebensphilosophisch natürlich
verwandt, aber wer sich Freie Liebe losgelöst vom kulturellen Kontext als
historischen Porno vorstellt mit „Sex mit allen überall“-Sujet und
Polyamorie dann damit gleichsetzt, mißversteht gründlich sowohl das eine wie das
andere.
Bei Polyamorie, auch wenn jede Poly-Variante ihre eigene
Dynamik hat, dreht sich nicht vordringlich alles um Sex, sondern um den
Aufbau multipler Liebesbeziehungen mit gemeinsamer Verantwortung.
Was nicht heißt, daß Sex keine wichtige Rolle spielt! Ohne Sex wäre
Polyamorie keine Polyamorie, sondern Monogamie-plus-gute-Freunde, und
das wäre nicht so wirklich neu.