Dem Glauben, sich nur auf einen einzigen Menschen „mit Haut und
Haaren“ einlassen zu können, liegt das Modell der
Verknappungsökonomie verdeckt
zugrunde, das aus der Welt der materiellen Güter stammt: Liebe als Gut,
das nur begrenzt vorhanden ist und beim Vergeben „aufgebraucht“ wird.
Schlimmer noch: Nicht nur ist dieser Ökonomie zufolge geteilte Liebe
„weniger Liebe“ wie ein Topf Suppe, der zunehmend mehr Münder zunehmend
weniger satt macht. Tatsächlich wird Liebe auf diese Weise sogar zu einem
materiellen Gegenstand, der sich nur ein einziges Mal zur
gleichen Zeit vergeben läßt und zum Zweck der Vergabe an einen anderen
Menschen erst zurückgefordert werden muß wie Trittleiter oder Rasenmäher.
Liebe ist aber weder Geld noch knappes Gut noch Gegenstand. Die Erfahrung vielmehr zeigt:
Je mehr wir lieben, desto mehr Liebe haben wir zu vergeben. Dieses Prinzip klingt nun
keineswegs exotisch, sondern im Gegenteil hochvertraut — und warum es ausgerechnet
im Bereich der Partnerliebe so vehement negiert wird,
darüber wäre gründlich nachzudenken.