schreibstube

Das Poly-Blog von Helly & Jay

[Freitag, 19. Oktober 2007]

Daß Einzelhandlungen sich von Prinzipien herleiten, ist klar. Aber woher kommen die Prinzipien? Theoretisch erwachsen sie aus einem konzeptuellen Kontext, gebildet aus gesammelten Erfahrungen und Handlungskonsequenzen. Wirklich? Viel öfter bildet dieser Kontext selbst sich deduktiv statt induktiv, nämlich aus vorgefundenen/anerzogenen Ideologien zunehmender Transparenz (= Unsichtbarkeit): Vom  landläufigen Sinn (manipulierte Positionen) über den  marxistischen (Positionen, die aus den tatsächlichen Lebensverhältnissen erwachsen) bis hin zu  Foucault (scheinbar „neutrale“ Positionen, gegen die alle anderen markiert und radikal erscheinen).

Wie steht’s mit unserer Einstellung zu Liebe und Beziehung? Monogamie war in unserer Kultur lange „neutral“, aber das ist sie, im Foucaultschen Sinne, keineswegs. Monogamie ist nicht neutral und nicht natürlich, weder historisch noch numerisch. Monogamie ist ein soziokulturelles Konzept, das genauso „markiert“ oder „radikal“ ist wie jedes andere. Aber so ganz hat sich dies noch nicht herumgesprochen! Kein Wunder also, daß so wenige überhaupt auf die Idee kommen, Alternativen zu probieren — obwohl Monogamie ihren überwältigenden Mißerfolg als Lebensentwurf Tag für Tag, Paar für Paar, Trennung für Trennung und Scheidung für Scheidung sichtbar und unmißverständlich demonstriert.