In vielen und nicht nur westlich geprägten Kulturkreisen ist die
zumeist unzureichend reflektierte Vorstellung endemisch, daß das Verspüren
von Lust, mit jemand anderem zu schlafen, gleichzeitig bedeutet,
daß im Sexualleben mit dem Partner „etwas fehle“.
So sind Menschen aber nun mal nicht beschaffen.
Liebe und sexuelle Partnerschaft machen uns nicht zu spezialisierten
Automaten, deren Betriebssystem nur noch auf das Paßwort „Partner!“
mit Hormonausschüttung reagiert und uns einen anderen Menschen von nun an nicht
mehr interessant, attraktiv und erotisch finden läßt.
Und damit nicht genug: Da wir durchaus anzunehmen gewillt sind, daß
Menschen auch in sexueller Hinsicht individuell verschieden
sind, werden die Grundannahmen für das Prinzip des „Fehlen-Müssens“
noch unklarer, als sie ohnehin schon sind. Von daher scheint die Vermutung nicht
allzu gewagt, daß bei der Erklärungsreduzierung von erotischen
Impulsen auf Beziehungsdefizite ganz andere Impulse Pate stehen als
Partnerschaft und Liebe.