Zunächst einmal ist Sex von Natur aus keine
„Disziplin“, auch wenn sich faktisch alles im Leben bis zur
Olympiatauglichkeit trainieren läßt. Kreativ und sinnvoll wäre
die Erkenntnis, daß anders nicht automatisch besser
ist, sondern eben anders, und daß für
Sex das gleiche gilt wie für praktisch alles andere im Leben:
variatio delectat. Das ist Latein und bedeutet,
daß Abwechslung erfreut. Und Abwechslung und Anderssein hat absolut gar
nichts zu tun mit Satz und Sieg und Schmach und Schande oder der Idee,
der Partner wolle für die nächsten vierzig Jahre nur von Pasta leben.
Andererseits sind wir täglich umgeben von Menschen, die schöner singen,
besser zuhören, mehr Geld verdienen, sich stilsicherer einrichten oder
sexuell phantasievoller sind als wir — und tatsächlich kommt es vor, daß
ein Partner uns aus solchen und ähnlichen Anlässen verläßt.
Dem deprimierenden Zwang zur Wahl jedoch, entweder den
Partner zu verlassen oder auf solch verlockende Talente zu verzichten, wirkt
Polyamorie ideal entgegen. Wird ein solcher Mensch in eine polyamore
Beziehung aufgenommen, werden direkt oder indirekt zudem alle davon profitieren
— von schönerem Gesang, besserem Verständnis, reichlicherem Geld, gehobenerer
Wohnkultur oder phantasievollerem Sex.