schreibstube

Das Poly-Blog von Helly & Jay

[Freitag, 9. November 2007]

In den vorangehenden Teilen wurde festgestellt, daß Eifersucht in einem Prozeß der Rekonstruktion von Anlässen anhand von  Indizien entsteht, die keine verläßliche  Entsprechung in der Wirklichkeit haben, und daß dieser Prozeß in der Regel mit der praktischen und moralischen  Auflage an den Partner verbunden ist, diese Anlässe zu entkräften.

Mal angenommen, es gäbe so etwas wie einen epistemologischen „Superpartner“, der all dies präzise individuell rekonstruieren könnte und tatsächlich in der Lage wäre, solche Eifersuchtsanlässe vollständig zu „entkräften“. Wie lange währte dies, bis dessen Partner den Prozeß mit gleichen oder anderen Indizien repliziert? Mittels unserer instinktiven und hochgradig manipulierbaren Einschätzung „Wo Rauch ist, ist auch Feuer“ mündet jede Entkräftung früher oder später wieder in Zweifeln und in Eifersucht durch den perfekten Zirkelschluß, daß „die eifersüchtigen Gefühle, die ich hatte, doch schließlich irgendwo hergekommen sein müssen!“ — und dieser Schluß erscheint uns absurderweise oft umso plausibler, je beweiskräftiger und brillanter die Entkräftung war.

Erkenntnistheoretisches Problem #4:
Selbst eine höchst unwahrscheinliche vollständig erfolgreiche Entkräftung kann auf Dauer nicht mit Verdachtsmomenten konkurrieren, die aus einer Spielart des „paranoiden Wahnzirkels“ heraus immer neu entstehen.