In Kulturen mit strenger Bevölkerungskontrolle müssen
Eltern sich perfiden Fragen stellen wie: „Was fehlt Ihnen
denn jetzt mit Ihrem Kind? Was soll Ihnen denn ein zweites
bringen, was Sie nicht schon mit dem ersten haben?“ Perfide,
weil in dieser Frage die Prämisse mitgeschmuggelt wird, daß Kinder
sich zu uns quantitativ verhalten und ihre Vor-
und Nachteile sich addieren und subtrahieren lassen wie
Geld oder materielles Gut.
Das Perfide an einer solchen Fragestrategie wird umgehend augenfällig
in simpleren Zusammenhängen: Zum Schachspielen reichen doch
zwei Spieler völlig aus, warum also weitere Spielbegeisterte
suchen oder gar einem Verein beitreten? Offensichtlich ist das
„Was-fehlt-denn?“-Prinzip überall dort nicht sinnvoll anwendbar,
wo es um Menschen und Gemeinschaft geht und nicht strikt um materielle Güter.
Und ausgerechnet für Liebesbeziehungen soll
dieses Prinzip dann gültig sein? Mehr Partner — oder mehr Kinder,
mehr Schachbegeisterte — bringen „mehr“ nicht auf
additiv-materielle Weise, sondern „mehr“ an Ressourcen und
an Perspektiven, an Beistand und an Wärme, an Wissen und an Interessen,
an Fertigkeiten und an Fähigkeiten, an Gemeinschaft und Geborgenheit, an Energie
und Synergie!