[Mittwoch, 23. Juli 2008]
Mein Polygramm zu
Exkulpationen
bedarf vielleicht einer Ergänzung. Wollte ich damit sagen, daß es in einer
monoamoren Beziehung besser ist, einen Seitensprung für sich zu behalten?
In der Tat sehe ich das so, aus neopragmatischen Gründen heraus.
Löst die „Beichte“ ein gemeinsames Problem, verändert sie positiv die Beziehung,
wird Dein Partner sich danach besser fühlen? Dann nur heraus damit! Löst die „Beichte“
ein Problem in Deinem Kopf, verschafft sie Dir Erleichterung, wird für den Partner eine Welt
einstürzen? Dann behalt’s für Dich — für immer.
In einem japanischen Film versteckt sich ein altes Ehepaar vor einem Mob. Kurz bevor
sie umgebracht werden, fragt sie: „Sag, hast du mich je betrogen?“
Er: „Nein, niemals.“ Sie (lächelnd): „Natürlich glaube ich Dir nicht, aber ich
liebe dich dafür, daß du das sagst.“ Der Unterschied zur Art, wie
das in unserem Kulturkreis gehandhabt wird, liegt auf der Hand. „Ehrlichkeit“ kann
selbstsüchtig sein, sogar rachsüchtig, und ist es oft: Daß wir diesen Aspekten
so oft so blind sind gegenüber, liegt insbesondere an einem jahrtausendealten Klima von Beichte,
Buße und Kontrolle und einem unsichtbaren Mann, der jeden Gedanken von Dir mitschreibt — etwas,
das wir abzuschütteln gerade erst begonnen haben. Gleichzeitig frei zu atmen und
ethisch zu handeln kann genau aus diesem Grund oft kontraintuitiv erscheinen, subversiv und
oberflächlich himmelschreiend unmoralisch.
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