schreibstube

Das Poly-Blog von Helly & Jay

[Donnerstag, 24. April 2008]

In ihrem Artikel  Internet Pushes Polyamory to Its ‘Tipping Point’ in Wired behauptet Regina Lynn, das Internet sei für polyamore Menschen “a handy label for their lifestyle and a launch pad for injecting the concept into mainstream consciousness”. Letzteres ist so auf den Kopf gestellt wie ersteres opak. In Amerika genau wie hier ist es nicht das Internet, sondern klassische Medien wie die Presse, die Polyamorie nach vielen Jahren der Internet-Aktivität ins öffentliche Bewußtsein heben — und daß dieser Artikel in Wired einen Monat nach dem  Washington Post-Artikel erscheint, der auch zitiert wird, ist sicherlich kein Zufall. Auch die nachfolgenden Zitate und Interviews und auch die Wortbeiträge von  Franklin Veaux weisen in diese Richtung: Das Internet ist “tipping point” nicht als Bewußtseinsgong für die Öffentlichkeit, sondern als kulturell affines Medium und als Möglichkeit für Polys, sich zu finden und zu kommunizieren. In diesem Sinne stimmt die Diagnose: Die Entwicklung der Polyamorie ist eng verbunden mit der Entwicklung des Internets.

Unbeantwortet bleibt, aus welchem Ärmel die Schlußfolgerung über das öffentliche Bewußtsein stammt oder was mit dem Internet für Polys als “handy label for their lifestyle” gemeint ist. Aber vielleicht muß das auch gar keinen Sinn ergeben, denn ab und zu erscheinen in Wired seltsame Geschichten. (Ein besonders unterhaltsam rezensiertes Exemplar, wenn auch über Apple statt über Polyamorie, findet sich bei  Gruber.)